Petition Krankenhausschließungen stoppen! Von Gemeingut in Bürger*innenhand
in der Zeit von März bis Mai war die Sorge groß, dass die Krankenhausversorgung in Deutschland zusammenbricht. Es verbat sich quasi von selbst, Kliniken zu schließen, vielmehr wurden in aller Eile Zeltkrankenhäuser geplant und Bettenkapazitäten ausgebaut. Unsere repräsentative Umfrage hatte gezeigt, dass 88 Prozent der Bevölkerung keine Krankenhausschließungen möchten. Doch das Gedächtnis der Politik ist anscheinend kurz: In der Sommerpause gingen die Schließungen wieder los. So musste am 1. August in Vohenstrauß in Bayern ausgerechnet eine Corona-Schwerpunktklinik zumachen – die fünfte Schließung in der Region innerhalb von 18 Monaten!
Aber wir müssen nicht machtlos zusehen, das zeigen ermutigende Beispiele engagierter Bürgerinitiativen: In Oberkirch wurde am 3. August ein Krankenhaus wiedereröffnet. In Peine wurde am 5. August eine seit März insolvente Klinik rekommunalisiert. Aber auch bundespolitisch bewegt sich etwas. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Fallpauschalen angekündigt, die ein maßgeblicher Faktor für Klinikpleiten sind. Zuvor hatte die Schließung einer Kinderstation in Parchim über die Landesgrenzen hinaus für Furore gesorgt.
Wir möchten bundesweit die Richtung der Debatte drehen. Lobbyisten wie die Bertelsmann Stiftung stießen mit ihrer Erzählung von den überschüssigen Krankenhäusern auf viele offene Ohren. Uns geht es darum, die PolitikerInnen in Bund und Ländern an ihre Verantwortung zu erinnern und dazu zu bewegen, aktiv die Schließungen zu verhindern. Dazu haben wir die GesundheitsministerInnen aller Bundesländer einzeln angeschrieben und schon einige Antworten erhalten. Zusammen mit weiteren Entwicklungen in den Ländern haben wir daraus eine Übersicht erstellt.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn haben wir aufgefordert, das Überleben unserer Krankenhäuser grundsätzlich sicherzustellen, jedoch bisher ohne Antwort. Allerdings musste sich Spahn in einer öffentlichen Veranstaltung am 20. Juli in Iserlohn zu Krankenhausschließungen äußern. Spahn sagte: „Es geht nicht ums plumpe Schließen. […] Wenn wir über zu viele Krankenhäuser sprechen, meinen wir den städtischen Ballungsraum. Nicht die Versorgung in der Fläche.“ Diese Eingrenzung ist ein erster Erfolg! Wo immer eine Klinik jenseits von Ballungsräumen bedroht ist, können Landes- und Lokalpolitiker sowie Bürgerinitiativen Spahn auf seine Aussage festnageln.
Aber auch die Menschen in den städtischen Ballungsräumen werden angesichts von Spahns Aussage Fragen an ihn haben. Seit Jahren ziehen immer mehr Familien in die Städte und erhöhen dort nicht nur die Nachfrage nach Wohnraum, sondern auch nach freien Krankenhausbetten. Krankenhausschließungen auf dem Land füllen die Betten in den städtischen Krankenhäusern zusätzlich. Berlin und Stuttgart sahen sich gezwungen, große Corona-Notfallkliniken zu errichten. Wo bitteschön sind da zu viele Krankenhäuser? Wir hoffen, die Aussage von Spahn ist ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer Neupositionierung. Letztlich muss auch er bekennen, was offensichtlich ist: Wir haben nicht zu viele Kliniken und Betten, sondern hatten zu viele Schließungen. Und wir haben zu wenig Personal. Schuld ist eine grundverkehrte Krankenhausfinanzierung, die nun im Coronajahr krachend gegen die Wand gefahren ist. Zeit für einen Neustart! Krankenhäuser sind Daseinsvorsorge, kein Geschäftsmodell. Schluss mit Krankenhausschließungen und deren finanzieller Förderung.