Stellungnahme zur geplanten Ausweitung der Paderborner Video-Überwachung
Wir von attac Paderborn greifen den beantragten Gesetzesentwurf der CDU zur Überwachung Paderborns scharf an. Eine weitere Einschränkung der Freiheitsrechte der Bürger sehen wir in keinster Weise als berechtigt an und die vorgeschobenen Gründe sind als fadenscheinig zurückzuweisen. Denn zum Ersten schränkt die geplante Video-Überwachung nur die Persönlichkeits- und Versammlungsfreiheit unserer Bürger stark ein, ohne nennenswerte Sicherheit bieten zu können. Zum Zweiten schwächt dies die Bundespolizei zu Gunsten privater Sicherheitsfirmen, die profitorientiert agieren müssen – Sicherheit ist eine staatliche Aufgabe. Und Drittens ist zu befürchten, es werde damit nur ein weiterer Meilenstein gesetzt zu einer immer dichteren Überwachungsmaschinerie, die bundesweit bereits monströse Ausmaße angenommen hat.
Überwachungskameras sind kein Ersatz für Ermittler und Polizeibeamte! Im Notfall können sie weder eingreifen noch Erste Hilfe leisten.
Durch die Beauftragung an externe Firmen wird die Transparenz noch weiter verwässert, es gibt keine Kontrolle darüber, was mit den Daten gemacht wird und was nicht.
Bereits ‚Die Zeit‘ hat in einem Artikel eine zusätzliche Aufstellung von Überwachungskameras als nutzlos für die Sicherheit der Bürger enttarnt und als “Panoptikum der Überwachung” angemahnt. [1] Belegt wird dies u.a. an einem Pilot-Projekt in Berliner U-Bahnen, wodurch großflächige Überwachung mit Kameras keine erkennbare Senkung der Kriminalitätsrate erreicht werden konnte (siehe [2] und [3]).
Ein weiteres illustres Beispiel ist London, also eine der Städte mit einer der höchsten Kameradichten weltweit, welche gleichzeitig eine der höchste Kriminalitätsraten in Europa aufweist. Seit Einführung der flächendeckenden Kamera-Überwachung ist die Kriminalitätsrate dort sogar gestiegen, die Anzahl aufgeklärter Straftaten durch Überwachungskameras ist verschwindend gering ([4] und [5]).
Wie es anders gehen kann, zeigt das Beispiel New York City, wo die Kriminalitätsrate drastisch abgesenkt werden konnte, ohne dabei auf eine überhöhte Überwachung öffentlicher Plätze zurückzugreifen. Von einem gefährlichen Pflaster hat sich New York City laut „The Safe Cities Index 2015″ durch ‚The Economist‘ zu einem der 10 sichersten Städte der Welt gewandelt.
Genauso wenig hat die totale Überwachung des Netzes zur Bekämpfung der Kriminalität beigetragen. Schlimmer noch, so wie es bei der NSU und Amri (siehe hier) den Anschein hat, wurden offenbar sogar Spuren nicht zusammengesetzt oder aber bewusst verwischt.
Zusätzliche Kameras werden nur die Orte der Gewalt verschieben. Sie können zwar – in zweifelhaftem Umfang (siehe London) – zur Aufklärung von Gewalt und Straftaten beitragen, mitnichten aber zu ihrer Prävention. Rechtfertigt dieser geringe Gewinn an Aufklärungsraten bereits den Einsatz solch massiver Überwachungsmethoden, deren Missbrauchspotential zu Ungunsten bürgerlicher Freiheiten immens ist? Unsere Antwort: ein klares Nein!
Wir prangern an, wie leichtfertig die CDU sich für die Überwachung der Bürger und die Einschränkung der persönlichen Freiheit ausspricht. Wie sollen die Überwacher überwacht werden bzw. ein Missbrauch verhindert werden, noch dazu bei einer privaten Firma? Etwa wird die Funkzellenabfrage, die immerhin von vereidigten Polizeibeamten durchgeführt wird, entgegen bestehender gesetzlicher Verordnungen zu häufig genutzt, ohne dass dies eine Kontrolle oder Ahndung zur Folge hat.
Gleichzeitig sollen aber die Ratssitzungen, die durchaus an einem öffentlichen Platz in Paderborn stattfinden, nicht gefilmt werden. So viel Transparenz muss sein, oder finden dort etwa Vorbereitungen zu Straftaten statt? Oder sind Ihre Persönlichkeitsrechte etwa wichtiger als die der Bürger Paderborns?
Quellenangaben:
[1] http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2013-04/videoueberwachung-panopticon
[4] http://www.sicherheit.info/artikel/1101121
[5] http://www.csmonitor.com/World/Europe/2012/0222/Report-London-no-safer-for-all-its-CCTV-cameras
[6] https://netzpolitik.org/tag/funkzellenabfrage/