Eine andere Welt ist möglich! Auch bei der Mobilität!
Mobilität bedeutet eine Bereicherung unseres Lebens durch Freiheitsgewinne. Kaum jemand kann sich vorstellen wieder hinter die Errungenschaften bei der Reisefreiheit, der Wahl des Wohnortes oder der individuellen Transportkapazität zurückzufallen.
Dennoch: moderne Mobilität in der Form des motorisierten Individualverkehrs (MIV) ist unauflösbar verbunden mit einer Vielzahl globaler und regionaler Problemstellungen und Krisen und für diese mitverantwortlich. Über den Schadstoffausstoß (NO2, Partikel, Ozon), Lärmemissionen, Stress und Schnelllebigkeit, die Bewegungsarmut und natürlich über Unfallfolgen schadet der MIV unserer Gesundheit. Die regionale Umwelt in Form der Tier- und Pflanzenwelt wird durch Lärm und Schadstoffausstöße des MIV genauso geschädigt wie unsere überlebenswichtigen globalen Ökosysteme (CO2). Der Flächenverbrauch und die vorrangige Vorfahrt des MIV schränkt die Bewegungsfreiheit von allen Nichtmotorisierten ein. Kinder können sich teilweise nur noch in Begleitung Erwachsener durch unsere Städte bewegen oder sind auf kleine, abgeschlossene, private oder öffentliche, Areale beschränkt. Der Zugang zu den lokalen grünen Lungen führt häufig durch kilometerlange Verkehrswüsten.
Zu den globalen Auswirkungen des MIV gehört der Ressourcenverbrauch und die damit direkt oder indirekt verbundenen globalen Konflikte und Kriege, für die der Hunger nach Ressourcen eine von mehreren Hauptursachen darstellt. Seien es die Kämpfe um die Vorherrschaft in den erdölreichsten Regionen der Welt im Nahen und Mittleren Osten, die wiederum die Flüchtlingskatastrophen produzieren, die Europa aktuell beschäftigen, oder Erdölkatastrophen wie die im Golf von Mexiko und im Nigerdelta. Eine Teilverantwortung dafür ist dem MIV zuzurechnen. Weitere Flüchtlingskatastrophen werden uns schon heute durch UNO-Organisationen angekündigt, für den Fall, dass die Erderwärmung weiter zunimmt. Und auch an der Erderwärmung trägt der MIV einen großen (derzeit wachsenden) Anteil.
Auch die Gewinnung anderer für den MIV notwendiger Rohstoffe, wie Stahl, Kupfer und Aluminium aber auch seltener Erden und vieler mehr, geschieht häufig unter menschenunwürdigen, die allgemeinen Menschenrechte verletzenden und oft nicht nachvollziehbaren Bedingungen. Bei gleichzeitigem enormen Wasserverbrauch und anderen Umweltschäden.
Eisen-, Aluminium- und Kupferbergbau bedeuten Landgrabbing sowie verseuchte Böden und giftiges Trinkwasser. Zudem verbraucht die Verhüttung der Erze gewaltige Mengen an Energie. Diese kommt häufig aus Holzkohle, welche wiederum beispielsweise von brasilianischen Eukalyptusmonokulturen stammt.
Um die Rechte für den Abbau von Lithium, das bislang in den Akkus der E-Autos steckt, kämpfen lokale Bevölkerungen, z.B. in Bolivien, mit internationalen Großkonzernen. Auch der Kupferbedarf wird durch die E-Mobilität, aufgrund der hohen Leitfähigkeit des Metalls, vermutlich steigen.
„Eine andere Welt ist möglich!“ lautet einer der Leitsätze von Attac. Auch bei der Mobilität. Eine stärkere Konzentration auf andere Verkehrsmittel als das Auto würde viele der oben beschriebenen Krisen, deren Liste längst nicht vollständig ist, zumindest entschärfen. Züge, Straßenbahnen und teilweise auch Busse funktionieren heute bereits weitgehend elektrisch und mit nachhaltigem Strom, ohne die Lade- und Entladeverluste, die beim E-Auto-Akku zwingend dazugehören. Insgesamt gesehen verbrauchen sie weniger Rohstoffe pro Fahrt und Fahrgast als die heutige Auto-Flotte, die die meiste Zeit ungenutzt am Straßenrand steht.
Aber gerade im urbanen Bereich bildet das Fahrrad eine der wichtigsten Alternativen zum allgegenwärtigen PKW. Und durch das Aufkommen der E-Bikes und Pedelecs gilt dies vermehrt auch für die urbane Peripherie. Die meisten zurückgelegten Fahrten in Deutschland sind so kurz, dass sie bequem mit dem Rad bewältigt werden können. Gleichzeitig gibt es ein wachsendes Angebot für Transporträder und Fahrradanhänger, die den Transport von Lasten und Großeinkäufen ermöglichen, gerade auch in Verbindung mit E-Bike-Technologien. Der Antrieb durch Muskelkraft trägt vor allem beim alltäglichen Radfahren deutlich zur Gesundheit der Bevölkerung bei. Die Lärmemissionen von Fahrrädern sind begrenzt. Auch der Flächenverbrauch von Fahrrädern ist deutlich geringer als der des Autos, insbesondere wenn man den Parkplatzbedarf mitbedenkt. Und die Kosten für die Bereitstellung der Radverkehrsinfrastruktur belaufen sich auf einen Bruchteil der notwendigen Kosten für den PKW-Verkehr – pro Straßenkilometer. Die Rohstoff- und Energiekosten von Fahrrädern, sowohl in der Herstellung als auch im Gebrauch, liegen ebenfalls deutlich niedriger als bei Autos, so dass eine umweltgerechte Mobilität und die Einhaltung von Menschenrechten bei der Förderung notwendiger Rohstoffe leichter vorzustellen sind.
Letzten Endes haben wir Menschen vermutlich nur einen Planeten, aber wir leben, als hätten wir mehrere weitere in der Hinterhand. Und die Verantwortung dafür liegt, wie es das Beispiel der Mobilität zeigt, sehr oft bei jedem Einzelnen von uns.
Darum findet die Paderborner Attacgruppe die Critical Mass in Paderborn unterstützenswert. Die CM ist eine weltweite Bewegung, die seit den frühen 1990er Jahren für eine andere (urbane) Mobilität eintritt, für eine Gleichberechtigung und Förderung des Fahrradverkehrs in den Städten. Gleichgesinnte zu treffen und Spaß zu haben bei der gemeinsamen Ausfahrt mit dem Rad, die in manchen Städten auch gelegentlich unter einem vorher vorgeschlagenen Motto steht (z.B. Halloween), gehört genauso zur CM dazu, wie der durch die konzentrierte Masse der Radler vorgetragene Protest gegenüber den Motorisierten. Dabei bewegen sich CM als ganz normaler Teil des Verkehrs durch die Straßen. Motto: „Wir blockieren nicht den Verkehr – wir sind Verkehr!“